Kurz gelesen: Pat Murphy, There and Back again

Verfasst 26.01.2014 von Till Westermayer
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Pat Murphy: There and Back againIch sage es ja ungern, aber manchmal ist Amazon wirklich Gold wert – zum Beispiel dann, wenn es darum geht, obskure englischsprache SF-Taschenbücher günstig zu erwerben. Im Dezember las ich bei BoingBoing in einem Nebensatz, dass die SF-Schriftstellerin Pat Murphy (die mir bisher nichts sagte), den Hobbit ins Weltall verlegt habe. Gesehen, bestellt, und inzwischen angekommen und gelesen.

Und: hat mir gut gefallen. In There and Back again, by Max Merriwell (1999) verschiebt Murphy Tolkiens Hobbit in den Weltraum: Der Norbit Bailey Beldon, im gemütlichen Astroidengürtel zuhause und dort mit einer Teekessel-Rakete unterwegs, eine Nachricht. Die mystische Gitana schaut vorbei, und weniger später dann auch die Klone. Das Abenteuer beginnt. Sehr erkennbar, und doch sehr anders. Jede Station in Tolkiens Hobbit findet ihr Äquivalent in der Bailey Beldons Reise durch Raum und Zeit. Das Buch unterhält auf zwei Ebenen: Da ist der Wiedererkennungseffekt (ach, das ist hier die Seestadt, und das ist Gollum!), der allen Spaß machen könnte, die den Hobbit – also das Buch – kennen. Aber There and Back again ist auch für sich genommen eine gelungene Queste mit eigener Tiefe, die deutlich über eine oberflächliche Parodie hinausweist. Auch ohne Mittelerde-Hintergrund ist Murphys Buch ein spannendes Weltraumabenteuer, das manchmal ins Surreale abdriftet.

Ach ja: Der Grund, warum There and Back again bei BoingBoing erwähnt wurde, ist vielleicht auch noch nennenswert. Das auffällig ungleiche Geschlechterverhältnis im Hobbit verkehrt sich hier ins Gegenteil. Funktioniert auch.

Zweitverwertung von meinem Hauptblog.

David Brin, Existence

Verfasst 26.01.2014 von Till Westermayer
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Gute Vorsätze, da war doch was. Genau: Ich habe mir vorgenommen, häufiger über das, was ich lese, zu schreiben. Das betrifft vor allem Science Fiction. Nicht mit dem Anspruch einer hochwertigen Kritik von vorne bis hinten, und auch nicht immer, aber dafür öfter. Zu dem, was mir so aufgefallen ist beim Lesen, und was nach dem Lesen hängengeblieben ist.

Ich fange mal mit David Brins 2012 erschienenem Roman Existence an, der mich mehrere Nächte dazu verleitete, viel zu lange wach zu bleiben. Brin ist einer der esoterischeren Hard-SF-Autoren; seine Bücher sind – wie es sich für einen akademisch tätigen Astrophysiker gehört – zunächst wissenschaftsnah und sehr realistisch, fangen aber irgendwann an, extrem spekulativ zu werden (wenn auch nicht in dem Ausmaß wie bei Greg Egan). Trotzdem gefällt mir die erste Hälfte des um die 650 Seiten umfassenden Werkes Existence deutlich besser als die zweite Hälfte. Gleich mehr dazu, warum, aber zunächst ein Blick aus der Vogelperspektive.

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Winterschlaf

Verfasst 6.11.2013 von Till Westermayer
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I.

Von Tag zu Tag ist es dunkler geworden. Der nachts gefallene Schnee schmilzt jetzt tagsüber nicht mehr. Bald wird ganz Jolando eingeschneit sein. Es sind die letzten Wochen vor der Winterruhe.

Jeden Abend gibt es jetzt ein Festmahl. Jeden Abend erklingt jetzt das Winterlied, es wird auf den Tisch gehauen und gegröhlt: Esst auf, was da ist – jetzt ist die Zeit! Lasst keine Reste über, esst, esst, esst, der Schnee fällt.

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Was ich so lese, oder: gesellschaftskritische Science Fiction

Verfasst 2.09.2013 von Till Westermayer
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Eigentlich wollte ich dazu nichts sagen, aber ich muss jetzt doch mal ein paar Worte über den Text »Magische Klassenkämpfer« von Florian Schmidt (am 22.8. im Freitag erschienen) loswerden. Schmidt breitet dort die These aus, dass – platt gesagt – früher Science Fiction ein emanzipatorisches Genre war und heute im Dienst der Reaktion steht. Das ist falsch.

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Notlandung

Verfasst 25.05.2013 von Till Westermayer
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Den letzten Signalen war zu entnehmen, dass die Expedition den Planeten erreicht hatte. Im Anflug noch konnte bestätigt werden, dass der Planet mit seinem einen Trabanten – wie vermutet – Flora und Fauna aufwies. Allerdings verhinderte die dichte Wolkendecke zunächst genauere Beschreibungen. Später mehr.

Als die Signale das Kontrollzentrum im Mutterschiff mit mehreren Minuten Verspätung erreichten, brach dort Jubel aus. Was niemand ahnte: Zu diesem Zeitpunkt war der Kontakt schon abgebrochen.

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Mona Lisa überzeichnet

Verfasst 15.02.2012 von Till Westermayer
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Wenn sie später danach gefragt wurde, wie alles angefangen hatte, rückte Rita Klein erst zu fortgeschrittener Stunde damit heraus, wenn überhaupt. Es war der Kunsthistorikerin zugegebenermaßen peinlich, dass sie damals, zu Anfang des Jahres 2012, den Beginn der Epidemie fast verpasst hatte. Wer sie nach dem dritten oder vierten Glas Rotwein danach fragt, konnte dagegen erfahren, dass es einer der hippen jungen Institutsassistenten gewesen war, mit standesgemäßer schwarzer Hornbrille, der ihr den Ausdruck einer Internetseite in die Hand gedrückt hatte.

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Brandung – eine SF-Fortsetzungsgeschichte

Verfasst 16.08.2011 von Till Westermayer
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Auf meinem Hauptblog habe ich jetzt die ersten drei Teile einer SF-Fortsetzungsgeschichte veröffentlicht. Ausgangspunkt dafür war mein Wunsch, mal wieder was fiktionales zu schreiben – und drei Stichworte, die ich via Twitter/Facebook zugereicht bekommen habe, nämlich „totaler Stromausfall“, „globale Wasserkonzerne“ und „ein Schmetterling“. Bisher plane ich, da mehr oder weniger täglich ein neues Stückchen der Geschichte um Kath zu posten – mal sehen, wie lange ich das durchhalte, und was das Ergebnis ganz am Schluss sein wird.

Feedback und Kommentare ebenso wie Leserwünsche nehme ich gerne entgegen.

Flash Fiction: Elfenflügel

Verfasst 5.08.2010 von Till Westermayer
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Als Roderich heute seine Maus in die Hand nehmen wollte, entdeckte er einen Elfenflügel. Den hob er ganz vorsichtig ins Licht – bei jedem Atemhauch drohte er ihm zu entfliehen – und sah die feinen Strukturen, die in die glasige Substanz hineingewirkt waren. Er seufzte. So wie ein Flügel eines Ahornsamens, aber viel kleiner und durchsichtiger und feiner. So wie eine Feder, aber eben doch ganz anders. Jemand anderes hätte diesen Flügel für den eines Insekts halten können. Aber wieso sollte ein Insekt ausgerechnet auf seiner Maus einen Flügel verlieren, und wozu? Roderich war sich sicher, dass er einen Elfenflügel gefunden hatte, und um das zu verstehen, braucht es eine Vorstellung davon, wie sein Schreibtisch aussieht.

Nicht jeder Schreibtisch ist so vollgepackt wie der von Roderich. Organisch gewachsene Papierberge bilden das Rohmaterial dieser Architektur, gebändigt durch mehrere inzwischen tief in der Schreibtischstadt verborgene Bücher, Bürowerkzeuge, die lange vermisste Kleiderbügel, die Metallverstrebung der Schreibtischlampe – so eine, die Ingenieure an ihren Zeichentischen haben – und natürlich durch den Schreibtisch selbst. Die fein ziselierte Stadt aus Papier erstreckt sich über mehrere Stockwerke. Unterirdisch – also unterhalb der Schreibtischplatte – finden sich übereinander gelagerte Aktenordner, die aus der Perspektive sehr kleiner Lebewesen wie Kellergewöble wirken würden. Darüber türmen sich, wohl auf zwei Dritteln der Schreibtischfläche, kompakt verschachtelte Bauwerke mit barocken Ausbuchtungen, Erkern und behauenen Seiten.

Ein Drittel des Tisches bleibt Roderich, aber mit den ganzen digitalen Medien braucht er ja nicht mehr viel Platz. Da steht der Bildschirm, da liegt die Tastatur, und für die Maus ist auch noch Platz. Mit einiger Sorge betrachtet Roderich allerdings den sich nach und nach entwickelnden Überhang, der hinter dem Mauspad in die Höhe ragt. Wenn der so weiterwächst, dann wird das Mauspad in nicht allzuferner Zukunft in einer Höhle liegen.

Von dieser Klippe aus musste der Elfenflügel auf die Maus hinabgefallen sein. Als Botschaft? Es wäre nicht das erste Mal. Schon vor einigen Wochen war Roderich auf Widerstand gestoßen, als er versucht hatte, einen der Papierstapel umzugraben, auf der Suche nach einem Buch, das bereits vor Wochen wieder in der Bibliothek hätte stehen sollen. Inzwischen nahm Roderich lange Umwege in Kauf, um das Provisorium zu umgehen, in dem die Bibliothek derzeit untergebracht war. Er fand es erstaunlich, dass Mahngebühren einen zu solchen Schritten zwingen können, aber so war es halt. Aber lieber der Bibliothek aus dem Weg gehen als noch einmal zu erleben, wie eine harmlos aussehende Aktenmappe sich beim Versuch, sie hochzuheben, als zentnerschwer erwies. Auch der Weg von der anderen Seite war versperrt. Zwar konnte er einige Blätter umschichten – und meinte dabei, ein Grollen und leises Fluchen zu hören – aber dann hätte er fast in die offene Schere gegriffen. Und er war sich sicher, dass hier wenige Minuten zuvor noch kein geöffnetes Scherenblatt in die Höhe geragt hatte. Als er erneut nach dem Stapel griff, trafen drei Stecknadeln seine Finger. Das tat weh und ging zu weit.

Roderich klebte ein Pflaster auf den Handrücken, setzte sich wieder auf seinen Schreibtischstuhl und wunderte sich darüber, dass der Bildschirm schwarz blieb. Bei genauerem Hinsehen leuchte keine der Leuchtdioden. Und als er unter den Schreibtisch kroch, um nach der Ursache zu forschen, fand er die Steckdosenleiste ausgesteckt. Er fürchte schon um seine Festplatte, fasste sich dann aber mit einem Schmerzenschrei an den Kopf. Die spitze Kante eines der hier gestapelten Aktenordner hatte ihn gerammt! Auch hier eine blutende Wunde, und ein weiteres Pflaster, dieses direkt am Haaransatz. Danach lief der Rechner wieder, als wäre nichts gewesen, und auch die Tage und Wochen darauf hatte sich sein Schreibtisch wie ein Schreibtisch und nicht wie eine wehrhafte Elfenstadt verhalten.

Doch jetzt: der winzigkleine Elfenflügel, der so harmlos glänzend auf seiner Maus gelegen war. Roderich ahnte, was das zu bedeuten hatte. Ja, er brauchte gar nicht mal die Wikipedia aufrufen oder ins Rollenspiel-Handbuch zu schauen: ein derartiges Opfer einer der Elfen konnte nur eine – womöglich tödliche? – Drohung aus der Schreibtischstadt sein. Er seufzte noch ein zweites Mal.

Wenn er die Maus vor die Tastatur schob – das Mauspad als Baugrund musste er natürlich an seinem Platz liegen lassen – ja, so konnte es gehen. Das Schreiben am Computer war auf diese Weise zwar ein wenig unbequem; aber doch besser, als sich mit den Elfen aus der papierernen Stadt anzulegen. Vielleicht war es an der Zeit, den Tisch ganz aufzugeben.

Hinweis: Windup Girl und Peak oil, oder: Nach der Globalisierung

Verfasst 21.07.2010 von Till Westermayer
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Ein interessanter Aspekt von Paolo Bacigalupis neuem Science-Fiction-Werk „The Windup Girl“ – übrigens zurecht als zeitgenössisches Gegenstück zu William Gibsons Neuromancer-Trilogie gehandelt und in einem Atemzug mit Ian McDonald genannt – ist die Tatsache, dass Bacigalupi seine Erzählung in einer Zukunft stattfinden lässt, die nach der Globalisierung angesiedelt ist. Für „The Windup Girl“ ist das mehr oder weniger nur der szenische Hintergrund einer Geschichte, in der sich die finsteren Prophezeiungen unkontrollierbarer Genmanipulation, agroindustrieller Nahrungsmittelmonopole und der Klimakatastrophe erfüllt haben. Trotzdem möchte ich „The Windup Girl“ zum Anlass nehmen, diese Zukunft in den Blick zu nehmen.

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Lost in space

Verfasst 17.11.2009 von Till Westermayer
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BoingBoing hat einen Wettbewerb um eine 100-Wörter-Kürzestgeschichte zum Thema „Lost in space“. Hier mein Eintrag:

Communication is slow in space. Years after the event, the fast-fading light of the explosion reached the ship. Communication stopped.

Some of them had become blasé about this possibility. Are you still an earthling, even if your grandparents never set foot on the planet? But now they felt lost.

The voting in the steering committee was unanimously. Slowly, ever so slowly, the behemoth turned around. A new commitment filled the halls and valleys of the arc ship. Investigation, and, if possible, revenge, that was their hope now.

Almost thirty years later, Lucy, then a toddler, now captain-at-large, announced their mistake.